Joachimides, Christos †

Christos Joachimides
Christos Joachimides © AKG Brigitte Hellgoth

Christos Joachimides

Christos Joachimides
Christos Joachimides © AKG Brigitte Hellgoth

Als der Zeitgeist glänzte
Der Kurator Christos Joachimides ist gestorben. Ein Rückblick auf einen Trendsetter des Berliner Ausstellungsbetriebs.

Was waren das für Zeiten, als im Martin-Gropius-Bau eine Mega-Ausstellung auf die andere folgte! Teils wurden sie von den Berliner Festspielen veranstaltet, teils aber von einer – wie soll man es nennen: Agentur? Ihr Name lautete „Zeitgeist-Gesellschaft zur Förderung der Künste in Berlin“, und eigentlich war es eine einzige Person, die dahinter stand: Christos Joachimides, Athener von Geburt, Berliner vom Wohnsitz her, Weltbürger von Gesinnung.

Es waren die achtziger und neunziger Jahre, in denen West- und dann ganz Berlin kulturell glänzte. Geld kam von der Lottostiftung, nach Gutsherrenart geführt vom CDU-Granden Klaus-Rüdiger Landowsky. Joachimides’ Weg in diese Nähe zur Macht, die seinen Ausstellungsvorhaben Millionenzuschüsse bescherte, war bemerkenswert genug. 1932 in Athen geboren, als Jugendlicher Zeuge des fürchterlichen Bürgerkriegs in seinem Heimatland, ging er zum Studium der Kunstgeschichte nach Heidelberg und 1958 nach West-Berlin. Hier machte sich Joachimides einen Namen mit zeitgenössischer Kunst, sowohl aus Griechenland als auch aus Berlin. Ins Rampenlicht der Öffentlichkeit trat er, als er mit Künstlern wie Dieter Hacker oder Jörg Immendorff über Kunst diskutierte, aber ebenso mit Joseph Beuys. Daraus ergab sich unter anderem die Ausstellung „Art into Society – Society into Art“, die er 1974 in London organisierte – wobei er auf seinen langjährigen Mitstreiter Norman Rosenthal traf, den späteren Ausstellungsleiter der Royal Academy.

Joachimides war mit den Politzirkeln der Stadt bestens verbunden

Dort zeigte das Duo 1981 „A New Spirit in Painting“, eine 180-Grad-Wende von der politischen Kunst hin zu Farbe und Leinwand. Was immer an neo-expressiver Kunst folgte: Hier war es erstmals auf großer Bühne zu sehen. Ein Jahr später dann im Gropius-Bau die viel diskutierte, viel bestaunte Ausstellung, die den Zeitgeist zu sinnlichem Ausdruck brachte und folglich auch so hieß: „Zeitgeist“ wurde zum Label einer Epoche.

An diesem Erfolg wurde Joachimides fortan ebenso gemessen, wie er ihm selbst als Maßstab diente. Es folgten 1986 – in Stuttgart und wiederum London – die pompöse Ausstellung „Deutsche Kunst im 20. Jahrhundert“, an der beteiligt zu sein die heftigsten Anstrengungen von Galeristen und Künstlern auslöste, 1991 „Metropolis“, nicht ganz so spektakulär wie „Zeitgeist“, ferner ein hierzulande noch nie zuvor gesehenes Panorama der amerikanischen Kunst, 1997 dann schlankweg „Die Epoche der Moderne“. Und und und; man kann gar nicht aufzählen, was Joachimides zusätzlich und durchaus auch in kleinerem Maßstab organisierte, mithilfe seines Vereins und nicht zu vergessen dessen diskreten Beziehungen zur Berliner Politik– denn wer auf sich hielt, sammelte zeitgenössische Kunst- er war in die Politzirkel der Stadt aufs Beste verdrahtet. Das hat Joachimides Kritik eingebracht, in Wahrheit wohl schlecht getarnter Neid.

So kam es auch nicht zur Neuorganisation des Gropius-Baus, als dessen Intendant sich der von Berlin ernannte Ehren-Professor wohl schon gerne gesehen hätte. Die dritte große Ausstellung zur Gegenwartskunst, „Ausblick“, hat Joachimides in Berlin jedenfalls nicht mehr realisieren dürfen; der Wind hatte sich gedreht. Er richtete sie unter dem Titel „Outlook“ in Athen aus, quasi als Vorprogramm zu den Olympischen Spielen von 2004. Von da an wollte er seiner Heimatstadt zu einer entsprechenden Infrastruktur verhelfen, wollte die Kunstakademie beleben und ein modernes Museum schaffen. Unermüdlich wie stets, arbeitete er zuletzt an der Gründung einer kunsthistorischen Bibliothek. Am Montag ist Christos Joachimides 85-jährig in Athen gestorben.

Was waren das für Zeiten, als im Martin-Gropius-Bau eine Mega-Ausstellung auf die andere folgte! Teils wurden sie von den Berliner Festspielen veranstaltet, teils aber von einer – wie soll man es nennen: Agentur? Ihr Name lautete „Zeitgeist-Gesellschaft zur Förderung der Künste in Berlin“, und eigentlich war es eine einzige Person, die dahinter stand: Christos Joachimides, Athener von Geburt, Berliner vom Wohnsitz her, Weltbürger von Gesinnung.

Es waren die achtziger und neunziger Jahre, in denen West- und dann ganz Berlin kulturell glänzte. Geld kam von der Lottostiftung, nach Gutsherrenart geführt vom CDU-Granden Klaus-Rüdiger Landowsky. Joachimides’ Weg in diese Nähe zur Macht, die seinen Ausstellungsvorhaben Millionenzuschüsse bescherte, war bemerkenswert genug. 1932 in Athen geboren, als Jugendlicher Zeuge des fürchterlichen Bürgerkriegs in seinem Heimatland, ging er zum Studium der Kunstgeschichte nach Heidelberg und 1958 nach West-Berlin. Hier machte sich Joachimides einen Namen mit zeitgenössischer Kunst, sowohl aus Griechenland als auch aus Berlin. Ins Rampenlicht der Öffentlichkeit trat er, als er mit Künstlern wie Dieter Hacker oder Jörg Immendorff über Kunst diskutierte, aber ebenso mit Joseph Beuys. Daraus ergab sich unter anderem die Ausstellung „Art into Society – Society into Art“, die er 1974 in London organisierte – wobei er auf seinen langjährigen Mitstreiter Norman Rosenthal traf, den späteren Ausstellungsleiter der Royal Academy.

Joachimides war mit den Politzirkeln der Stadt bestens verbunden.

Dort zeigte das Duo 1981 „A New Spirit in Painting“, eine 180-Grad-Wende von der politischen Kunst hin zu Farbe und Leinwand. Was immer an neo-expressiver Kunst folgte: Hier war es erstmals auf großer Bühne zu sehen. Ein Jahr später dann im Gropius-Bau die viel diskutierte, viel bestaunte Ausstellung, die den Zeitgeist zu sinnlichem Ausdruck brachte und folglich auch so hieß: „Zeitgeist“ wurde zum Label einer Epoche.

An diesem Erfolg wurde Joachimides fortan ebenso gemessen, wie er ihm selbst als Maßstab diente. Es folgten 1986 – in Stuttgart und wiederum London – die pompöse Ausstellung „Deutsche Kunst im 20. Jahrhundert“, an der beteiligt zu sein die heftigsten Anstrengungen von Galeristen und Künstlern auslöste, 1991 „Metropolis“, nicht ganz so spektakulär wie „Zeitgeist“, ferner ein hierzulande noch nie zuvor gesehenes Panorama der amerikanischen Kunst, 1997 dann schlankweg „Die Epoche der Moderne“. Und und und; man kann gar nicht aufzählen, was Joachimides zusätzlich und durchaus auch in kleinerem Maßstab organisierte, mithilfe seines Vereins und nicht zu vergessen dessen diskreten Beziehungen zur Berliner Politik– denn wer auf sich hielt, sammelte zeitgenössische Kunst- er war in die Politzirkel der Stadt aufs Beste verdrahtet. Das hat Joachimides Kritik eingebracht, in Wahrheit wohl schlecht getarnter Neid.

So kam es auch nicht zur Neuorganisation des Gropius-Baus, als dessen Intendant sich der von Berlin ernannte Ehren-Professor wohl schon gerne gesehen hätte. Die dritte große Ausstellung zur Gegenwartskunst, „Ausblick“, hat Joachimides in Berlin jedenfalls nicht mehr realisieren dürfen; der Wind hatte sich gedreht. Er richtete sie unter dem Titel „Outlook“ in Athen aus, quasi als Vorprogramm zu den Olympischen Spielen von 2004. Von da an wollte er seiner Heimatstadt zu einer entsprechenden Infrastruktur verhelfen, wollte die Kunstakademie beleben und ein modernes Museum schaffen. Unermüdlich wie stets, arbeitete er zuletzt an der Gründung einer kunsthistorischen Bibliothek. Am Montag ist Christos Joachimides 85-jährig in Athen gestorben.

Bernhard Schulz
Tagesspiegel, 15.12.17

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