Kunstkritik und Netzkultur

Bestandsaufnahmen aus dem Arbeitsalltag

Johannes Bendzulla: Bildmontage zum Pressespiegel
Johannes Bendzulla: Bildmontage zum Pressespiegel courtesy: Johannes Bendzulla

Ein Symposium des Kunstkritikervereins AICA Deutschland e. V. zu Gast in der Kunsthalle Mannheim
im Kontext der Ausstellung
Konstruktion der Welt, Kunst und Ökonomie
Konzeption: Sabine Maria Schmidt, Vize-Präsidentin der AICA Deutschland

10. November 2018, Kunsthalle Mannheim


Welchen Einfluss haben Digitalisierung und Social Media in den letzten Jahren auf die Kultur- und Kunstberichterstattung, wie funktionieren dabei die Medien?
Das Symposium der AICA Deutschland diskutiert die neuen Chancen und Herausforderungen für die Kultur- und Kunstberichterstattung, die Funktionsweise verschiedener – auch zukünftiger – Medienformate, neuer Begrifflichkeiten und Verschlagwortungen im Internet, der Bildung neuer Interessensgemeinschaften bzw. Interessenskonflikte und Möglichkeiten des Corporate Publishing. Kunstkritik ist der Ort für die Entwicklung von ästhetischen Bewertungskriterien, der Ort freier und unabhängiger Argumentation. Sie steht bzw. stand im Wechselverhältnis zum Kunstmarkt, der einen Bedarf an Expertisen über die monetäre Wertschätzung von Kunst erzeugt.
Welche Rolle hat geschriebener Text angesichts der wachsenden Bedeutung bildbasierter Repräsentation? Wie verändert sich dessen Gewicht aufgrund der Gruppendynamik von Social Media oder Influencer-Berichten? Welche Zukunft hat die Kunstkritik? Wie lässt sie sich finanzieren? Die Beiträge stammen primär von AICA-Mitgliedern und werden von knappen Thesenpapieren und Diskussionsbeiträgen weiterer Mitglieder moderiert und flankiert.


PROGRAMM

9 Uhr:
Begrüßung:
Sebastian Baden, Kurator, Kunsthalle Mannheim
Dr. Danièle Perrier (Präsidentin der AICA Deutschland e.V.)
START-UP Performance von Thierry Geoffroy

10-12.30 Uhr
Sabine Maria Schmidt
Followers for Everyone! Oder: Allein arbeiten macht seltsam...
Einführung

Thomas Wagner
Kunstkritik in der Stammeskultur – Netzträume, Content-Management, Resonanzen und die List des Igels
Kunstkritik erweist sich in der gegenwärtigen Praxis als schwieriges Geschäft. Was ist aus ihren Träumen geworden, im Netz anders und freier agieren zu können? Welche Rolle spielt es, dass Verlage vor allem nach aktuellem Content verlangen? Findet Kunstkritik noch Resonanz oder mutiert sie zum Marketing? Agiert sie womöglich nicht listig genug?

Barbara Hess
Vom Wert der Kritik in der (digitalen) Netzwelt. Versuch eines Lageberichts
Die Kunst ist heute Teil eines höchst effizienten Kommunikationsnetzwerks“, bemerkte der Kunstkritiker und Kurator Lawrence Alloway bereits 1972. Welche Perspektiven hat die Kunstkritik in der gegenwärtigen (digitalen) Netzwelt, in der die Idee und Praxis der Kritik selbst in eine Krise geraten zu sein scheinen, wie die französischen Sozialwissenschaftler Luc Boltanski und Ève Chiapello in Der neue Geist des Kapitalismus (2003) behauptet haben?

12.30 – 13 Uhr (Mittagspause)

13 – 15 Uhr
Annekathrin Kohout
Kunstkritik und Soziale Medien
Die Sozialen Medien haben nicht nur eine neue Debattenkultur, sondern auch neue Erwartungen an Kunst und ihre Kritik hervorgebracht. Rankings und Likes lassen eine Kunstkritik, die anhand von normativen Kunstbegriffen Wertungen abgibt, überflüssig erscheinen. Das wird nicht selten romantisiert, entstünde dabei doch endlich ein Raum, in dem Künstler wieder autonom sein können, Kultur demokratisiert wird und Gatekeeper ihr Machtmonopol aufgeben müssen. Doch die Sozialen Medien, in denen intransparente Algorithmen die Feeds bestimmen, Influencer nicht weniger nach eigenen (wenn auch neuen) Kriterien Auswahlen treffen und Likes vor allem sozialen Motivationen gehorchen, haben auch neue Machstrukturen hervorgebracht – aus denen man aussteigen oder die man unterstützen kann.

Johannes Bendzulla
Kunstkritik als Metakritik ¬– Beobachtungen zum Stand der Kritik im Netz

Bei der Beurteilung von Kunst werden immer häufiger moralische und politische Argumente ins Feld geführt. Die Grenzüberschreitung galt lange als eine klassische künstlerische Strategie, die ihre besondere Bedeutung aus der Annahme einer totalen Freiheit der Kunst zog. Dieses Paradigma wird allerdings zunehmend in Frage gestellt. Wer sind die Protagonisten dieser Diskussion und auf welchen Annahmen fußt ihre Argumentation? Wie lässt sich die Debatte innerhalb einer politischen Großwetterlage verorten, die man als Krise der liberalen Demokratien westlichen Vorbilds beschreiben könnte? Und schließlich - was gibt es zu gewinnen und was steht auf dem Spiel?

Das Symposium ist öffentlich.
Kostenbeitrag für Nicht-Mitglieder 10 Euro, für Studenten 5 Euro inklusive Eintritt zur Ausstellung


ZU DEN TEILNEHMERN:

Johannes Bendzulla studierte an der Kunstakademie Düsseldorf und der Kunsthochschule für Medien in Köln. Der Künstler und Fotograf ist zudem seit 2012 Autor einer Online-Presseschau zur zeitgenössischen Kunst, welche auf donnerstag-blog.de (in Zusammenarbeit mit Steffen Zillig) und art-magazin.de erschien. Er lebt und arbeitet in Düsseldorf. (www.johannesbendzulla.net)

Thierry Geoffroy, genannt Colonel, lebt und arbeitet in Kopenhagen und Berlin und begleitet seit 1989 unermüdlich als institutionskritischer Biennalist prominente Großausstellungen. Er nutzt dabei das Zelt als Symbol und plakative Fläche. Er ist Autor zahlreicher Aktionsformate, darunter Emergency Room, Critical Run oder Penetrations. Zusammen mit Tijana Mišković gründete er die Copenhagen Ultracontemporary Biennale (CUB). Er ist Teilnehmer der Ausstellung „...Kunst und Ökonomie“ in der der Kunsthalle Mannheim. (http://www.colonel.dk)

Dr. Barbara Hess studierte Kunstgeschichte und Romanistik in Köln und Florenz; Promotion in Kunstgeschichte zu den Anfängen der documenta und zur Gründung des Kölner Kunstmarkts. Sie veröffentlichte seit Ende der 1990er Jahre Beiträge in Camera Austria, Flash Art, Kunst-Bulletin, Metropolis M, Sediment – Mitteilungen zur Geschichte des Kunsthandels, Texte zur Kunst u. a. Sie lebt als Autorin und Übersetzerin in Köln.

Annekathrin Kohout ist Kulturwissenschaftlerin und -journalistin. Sie ist Herausgeberin und Redakteurin der Zeitschrift POP. Kultur und Kritik und Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Philosophischen Fakultät der Universität Siegen. Sie arbeitet zudem als freie Autorin und schreibt in ihrem Blog sofrischsogut.com über Internetphänomene, Popkultur, Fotografie und Kunst.

Sabine Maria Schmidt ist Kunsthistorikerin, Kuratorin und Autorin und publiziert seit Mitte der 1990er Jahre kontinuierlich zur Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts mit besonderem Schwerpunkt auf Kunst in öffentlichen Räumen, Fotografie, Film, Video- und Medienkunst; in Zeitschriften u.a. für Kunstforum International, Artist Kunstmagazin, Springerin, Kunst-Bulletin, Foam u.a.. Seit 2017 engagiert sie sich ehrenamtlich im Vorstand der AICA Deutschland. (www.sabinemariaschmidt.com)

Thomas Wagner hat Germanistik und Philosophie studiert, war von 1991 bis 2007 Feuilletonredakteur der F.A.Z., hat von 2008 bis 2017 für die Stylepark AG ein Online-Magazin zu Design, Architektur und Kunst aufgebaut und für das Kunstmagazin art, die WELT u. a. geschrieben. Heute arbeitet er als freier Autor und Textchef der Zeitschrift designreport. Er lehrt zudem als Honorarprofessor an der Akademie der Bildenden Künste, Nürnberg und ist Autor zahlreicher Texte über Kunst, Design und Architektur.

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