Mit der Eröffnung seines Erweiterungsbauwerks hat sich das Städel, das eine knapp 200-jährige Tradition dieser als Stiftung des 1816 verstorbenen Bankiers Johann Friedrich Städel entstandenen und seither von bürgerschaftlichem Engagement auch heute noch maßgeblich getragenen Einrichtung pflegt, seinen Platz unter den führenden deutschen Museen eindrucksvoll bestätigt. Eindrucksvoll ist auch die Entstehungsgeschichte der Erweiterung mit ihren 3000 Quadratmetern Ausstellungsfläche. Sie wurde zu nicht weniger als 50 Prozent aus privaten Spendengeldern finanziert, was angesichts eines Kostenvolumens von 34 Millionen Euro – sowie weiteren 18 Millionen Euro für die Renovierung des Bestandsgebäudes – nicht allein auf die Finanzkraft Frankfurter Mäzene verweist, sondern ebenso auf die Fähigkeit des Museums, Spendenbereitschaft zu wecken und auf das anschauliche Ziel eines Museumsneubaus zu richten.
Mit dem unterirdischen Erweiterungsbau im Gartenbereich des historischen Museumsgebäudes ist es gelungen, die Integrität dieses Baudenkmals zu bewahren und zugleich eine architektonisch wie museumstechnisch herausragende Lösung zu finden. Die Beauftragung des ortsansässigen Architekturbüros Schneider + Schumacher, das bereits in seiner Anfangszeit mit innovativen Entwürfen für Ausstellungsbauten hervortrat – wie der legendären, roten „Info-Box“ in Berlin, hat zu einer glücklichen Lösung für die Platzerfordernisse des Museums geführt. Die energische Erweiterung der Sammlung des Städel in die zeitgenössische Kunst hinein, die mit der Planung und Realisierung des Erweiterungsbaus einherging, hat so zu keiner Verdrängung der hochbedeutenden historischen Bestände führen müssen. Dass zwei in Frankfurt ansässige Großbanken große Teile ihrer Firmensammlungen als Dauerleihgaben zur Verfügung stellen, unterstreicht die Verankerung der Institution Städel in ihrer Heimatstadt.
Zugleich hat das Städel im Jahr 2012 sein ambitioniertes Ausstellungsprogramm auf unverändert hohem Niveau fortführen können. Erinnert sei an die Ausstellungen zu Claude Lorrain, zu den Zeichnungen Raffaels und zur „Schwarzen Romantik. Von Goya bis Max Ernst“. Das Frankfurter und auswärtige Publikum hat diese Anstrengungen mit einem neuen Besucherrekord honoriert: knapp eine halbe Million Besucher wurden allein im Städel gezählt. Immer stärker machen sich dabei die Transfereffekte des engen organisatorischen Verbunds mit der Schirn Kunsthalle und dem Liebighaus als Skulpturenmuseum bemerkbar, die zur wechselseitigen Wahrnehmung der jeweiligen, aufeinander abgestimmten Angebote führen. Zusammengenommen wurde bei den drei Institutionen erstmals die Marke von einer Million Besuchern übertroffen.
Der Direktor aller drei Einrichtungen, Max Hollein, hat mit dem Jahr 2012 zum einen seinen Ruf als hervorragender Museumsmanager bestätigt als auch diejenigen Skeptiker widerlegt, die gegenüber der Organisation des Neubaus und der Akquise von Stiftungen und Schenkungen eine Vernachlässigung des eigentlichen Museumsbetriebs befürchteten. Im Gegenteil zeigt sich das ganze Team von der Aufbruchsstimmung beflügelt. Die Balance zwischen publikumsträchtigen Ausstellungen und solchen, die neue kunsthistorische Forschungsstände vermitteln, wird erkennbar gehalten, zumal ein reiches Veranstaltungsprogramm rund um Sammlung und Ausstellungen alle heute möglichen Vermittlungsformen des Museums umfasst. Das Städel geht mit einer gesicherten Perspektive in die Zukunft.
Text: Bernhard Schulz