2011 Carl Andre im Museum Kurhaus Kleve

Die Besondere Ausstellung 2011

Carl Andre im Museum Kurhaus Kleve
Vom 17. April bis zum 28. August 2011

Die besondere Ausstellung gilt dem Begründer der Minimal Art in den USA und dies in einem Museum der bundesdeutschen Peripherie, das sich durch eine kunsthistorisch bedeutsame Ausstellungspolitik verdient gemacht hat. Dass Carl Andre auch Lyriker war, dessen Textarbeiten durch ihr typografisches Arrangement stets auch das skulpturale Oeuvre des US Künstlers spiegelte, dürfte hierzulande weniger bekannt sein. Dem Museum Kurhaus Kleve - es verpflichtet sich seit seiner Eröffnung vor vierzehn Jahren konsequent der minimalistischen Kunst - ist es auf bemerkenswerte Weise gelungen, die Synergiewirkung beider Schaffensbereiche des US-Künstlers zu veranschaulichen. Und nicht nur dies: Die ohne Verbindungsmittel immer wieder neu konstituierten Kompositionen finden in den liebevoll renovierten Räumlichkeiten des klassizistischen Gebäudes nicht nur einen höchst angemessenen Ort, vielmehr schaffen sie dort in ihrer Klarheit sehr eindrückliche Orte mit immer anderen Akzenten. Andres Skulpturen sind nämlich - und das machte Kleve sehr deutlich - körperlich erfahrbare Orte.
In der zur Straße ausgerichteten Wandelhalle des Museums etwa forderte die aus 100 Holzblöcken in einer präzisen Reihe vor den Fenstern installierten Thrones (Chicago, 1978) die Bewegung des Betrachters im Raum. Dann überwältigten ihn in der Pinakothek die aus 108 Holzblöcken bestehende Sheath (1980) und die im selben Raum installierten 44 Roaring Forties (2000) aus 44 quadratischen Metallplatten. Die subtilen Material-Experimente machte der Rundgang auf zwei Etagen des Hauses eindringlich erfahrbar - nicht zuletzt im zentralen Raum 6 jene so verschieden entschlüsselbaren Textkonstruktionen von Carl Andre. Mit Schreibmaschine getippt oder in Blockbuchstaben geschrieben spielen die Lyrikfragmente in ihrer Typografie tendenziell eher auf die geometrische Gestalt der Skulpturen Andres an denn auf Inhalte, wie dies bei der konkreten Poesie der Fall wäre. Die Gedichte entstanden in den frühen Jahren des 1935 in Quincy/Massachusetts geborenen Künstlers, der sich zunächst mehr als Dichter sah. Eine weitere Besonderheit der Andre-Retrospektive in Kleve war die Außenarbeit des in New York lebenden Künstlers: Im Barock-Park gegenüber dem Klever Museum war die 38 Meter lange Bodenarbeit Wirbelsäule (1984) aus strahlend weißem Dolomit installiert, die in dem Forstgarten der Kurvatur eines Spazierweges folgte.
Die Ausstellung im Museum Kurhaus Kleve ist seit Andres Retrospektive in Wolfsburg sowie in den Krefelder Häusern Esters und Lange vor fünfzehn Jahren die erste umfassende Einzelausstellung. Initiiert wurde das Projekt vor etwa drei Jahren von Guido de Werd, dem langjährigen Leiter des Museums Kurhaus. Fast zeitgleich zur Eröffnung in Kleve erhielt Carl Andre Anfang Mai in Zürich den Roswitha Haftmann-Preis, den höchstdotierten Kunstpreis in Europa.

Bernhard Schulz, Berlin, im Oktober 2011

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